Erstzulassungsverfahren für ausländische Medizinprodukte in der Russischen Föderation
Die Russische Föderation ist das flächenmäßig größte Land der Welt mit einem ebenso großen aufstrebenden Markt, auch wenn ausländische Investitionen denen in vielen anderen Schwellenländern hinterherhinken. Aufgrund des komplexen Zulassungsverfahrens und der strengen behördlichen Überwachung von Medizinprodukten weltweit sollten Hersteller von Medizinprodukten lokale Registrierungsverfahren und Zulassungsangelegenheiten in allen Einzelheiten kennen, damit eine erfolgreiche Marktzulassung des Produkts gewährleistet werden kann. Dieses Dokument dient als eine erste Einführung in das Erstzulassungs-verfahren von ausländischen Medizinprodukten (Klasse II und III) in der Russischen Föderation.
Hintergrund
In der Russischen Föderation müssen alle Medizinprodukte für diagnostische oder therapeutische Zwecke in Moskau bei der zentralen Abteilung des Föderalen Dienstes für Überwachung im Gesundheitswesen und soziale Entwicklung (ROSZDRAVNADZOR) registriert werden. Dabei handelt es sich um ein föderales Exekutivorgan, das Kontroll- und Aufsichtsfunktionen im russischen Gesundheitswesen ausübt.
Der Föderale Dienst für Überwachung im Gesundheitswesen (RZN) ist dem Gesundheitsministerium der Russischen Föderation unterstellt und unterliegt der Verfassung der Russischen Föderation, den föderalen Verfassungsgesetzen, den föderalen Gesetzen, den Gesetzen des Präsidenten der Russischen Föderation und der Regierung, internationalen Abkommen, den Gesetzen des Gesundheitsministeriums der Russischen Föderation und den im Beschluss Nr. 323 vom 30.06. 2004 „Über den Föderalen Dienst für Überwachung im Gesundheitswesen“ festgelegten Bestimmungen.
Klassifizierung von Medizinprodukten in Russland
Das russische Klassifizierungssystem ist dem europäischen System zwar ähnlich, dennoch gibt es Unterschiede. Die Identifizierung gleichwertiger Geräte, die bereits in der RF vermarktet werden, ist erforderlich. Klassifizierungen werden anhand der RZN-Verordnung Nr. 735 und GOST 51609-2000 bestätigt. Medizinprodukte und IVDs werden in Russland nach ihrem Risikopotenzial klassifiziert; dies erfolgt mit zunehmendem Risiko in die Klassen I, IIa, IIb und III. Darüber hinaus verwendet Russland ein Nomenklatursystem, das Medizinprodukte in Typen unterteilt, wobei der Produkttyp in einem sechsstelligen numerischen Code verschlüsselt wird. Dieses System ist vergleichbar mit dem international anerkannten Codesystem Global Medical Device Nomenclature (GMDN).
Der russische Nomenklaturcode ist in der Registrierungsbescheinigung aufgeführt und kann bei Ausschreibungen und öffentlichen Aufträgen verwendet werden. Unternehmen haben die Möglichkeit, die Online-Datenbank des RZN (auf Russisch) nach ihrem Nomenklaturcode zu durchsuchen. Die Datenbank ist jedoch nicht vollständig und umfasst gegebenenfalls nicht alle Produkte. Falls ein Nomenklaturcode nicht ermittelt werden kann, muss eine förmliche Anfrage an das RZN gestellt werden, um eine Einschätzung zu erhalten.
„De Novo“- oder „Predicate Device“-Zulassung
Die Eurasische Wirtschaftskommission hat auf Grundlage des Beschlusses des Vorstands der Eurasischen Wirtschaftskommission vom 24.07.2018 N 123 „Über die Kriterien für die Aufnahme mehrerer Modifikationen an Medizinprodukten, die zu einem Medizinprodukttyp gehören, in eine Registrierungsbescheinigung in Übereinstimmung mit der in der Eurasischen Wirtschaftsunion verwendeten Bescheinigung“ die Kriterien für die Aufnahme mehrerer Modifikationen an Medizinprodukten in eine Registrierungsbescheinigung genehmigt.
Die Aufnahme mehrerer Modifikationen an Medizinprodukten in eine Registrierungs-bescheinigung, die sich auf einen Medizinprodukttyp entsprechend der in der Eurasischen Wirtschaftsunion verwendeten Medizinproduktpalette beziehen, ist möglich, sofern diese Änderungen alle folgenden Kriterien erfüllen:
- die Modifikationen an den Medizinprodukten werden von dem gleichen Hersteller von Medizinprodukten auf Grundlage der gleichen technischen Dokumentation durchgeführt;
- die Modifikationen an den Medizinprodukten gehören zu gleichen Klasse potenzieller Anwendungsrisiken;
- das Vorhandensein und/oder der quantitative Gehalt desselben klinisch (diagnostisch) bedeutsamen Analiten (Analyten) in der biologischen Probe (bei Medizinprodukten für die In-vitro-Diagnose);
- die Modifikationen an den Medizinprodukten haben andere Konfigurationen, die das Funktionsprinzip und den funktionalen Zweck nicht beeinträchtigen, sodass die Erweiterung oder Spezialisierung ihres Einsatzes für medizinische Zwecke möglich wird (nach Anwendbarkeit);
- die Modifikationen an den Medizinprodukten haben andere technische Parameter (z. B. Wellenlänge der Strahlung, Größe des Lichtfelds, Durchlässigkeit usw.), die das Funktionsprinzip und den Funktionszweck nicht beeinträchtigen (nach Anwendbarkeit);
- die Modifikationen an den Medizinprodukten bilden eine Standard-Produktpalette (z. B. mit unterschiedlichen Größen (Größe, linear, volumetrisch usw.), Formen, Farbkodierungen usw.) oder sind eine Gruppe des Medizinprodukts (z. B. ein stationäres mobiles Gerät (Gerät, System, Gesamtanlage usw.) mit Wand- bzw. Bodenmontage usw.) (nach Anwendbarkeit). [5]
Zulassungsverfahren
- Die staatliche Zulassung von Medizinprodukten ist ein staatliches Verfahren, mit dem sichergestellt werden soll, dass nur qualitativ hochwertige und sichere Medizinprodukte auf dem russischen Markt vertrieben werden.
- Artikel 38, Absatz 4 des föderalen Gesetzes Nr. 323 vom 21.11.2011 „Über die Grundlagen der Gesundheitsversorgung der Bürger der Russischen Föderation“ legt fest, dass Medizinprodukte, die von einem autorisierten föderalen Exekutivorgan gemäß dem von der Regierung der RF festgelegten Verfahren zugelassen wurden, auf dem Territorium der RF in Verkehr gebracht werden dürfen.
- Geregelt ist das Verfahren der staatlichen Zulassung durch den Beschluss der Regierung der RF Nr. 1416 vom 12.08.2012 „Verabschiedung der Verordnung über die staatliche Zulassung von Medizinprodukten“ sowie die Verwaltungsvorschrift des RZN über die Bereitstellung des staatlichen Dienstes für die Zulassung von Medizinprodukten, die durch die Verordnung des Gesundheitsministeriums der RF Nr. 737 vom 14.10.2013 festgelegt wurde.
- Das folgende Flussdiagramm beschreibt das gesamte Erstzulassungsverfahren für Medizinprodukte in der RF:
Bei Anträgen der Klasse I wird die Stufe I übersprungen und direkt zur Prüfung der Stufe II übergegangen.
- Die Prüfung der Qualität, des Nutzens und der Sicherheit von Arzneimitteln wird von einer sachverständigen Stelle stufenweise (vorgesehen sind 2 Stufen) gemäß der vom Gesundheitsministerium der Russischen Föderation festgelegten Verordnung durchgeführt.
- Phase I umfasst die Prüfung des Zulassungsantrags und der entsprechenden Unterlagen, um zu entscheiden, ob klinische Versuche mit dem Medizinprodukt durchgeführt werden sollen.
- In Phase II werden die Vollständigkeit und die Ergebnisse der technischen Prüfungen, der toxikologischen Prüfungen, der klinischen Prüfungen und der Prüfungen für die Zulassung der Art der Messung (für Medizinprodukte, bezogen auf die Messmittel im Bereich der staatlichen Vorschriften zur Einheitlichkeit der Messung, deren Liste vom Gesundheitsministerium der Russischen Föderation festgelegt wird) geprüft.
- Es ist mittlerweile möglich, im Rahmen der Prüfung der Qualität, des Nutzens und der Sicherheit von Medizinprodukten zum Zwecke staatlichen Zulassung in jeder Phase der Prüfung fehlende Materialien und Informationen von den Antragstellern anzufordern.
- Nach der ersten Phase der Prüfung wird festgestellt, ob es möglich bzw. nicht möglich ist, klinische Prüfungen für ein Medizinprodukt durchzuführen oder ob die staatliche Zulassung eines Medizinprodukts nicht möglich ist. Klinische Prüfungen von Medizinprodukten werden in medizinischen Einrichtungen durchgeführt, die vom RZN auf der Grundlage einer ebenfalls vom RZN erteilten Genehmigung zur Durchführung klinischer Prüfungen zertifiziert sind.
- Nach Abschluss der klinischen Prüfung des Medizinprodukts legt der Antragsteller dem RZN einen Antrag auf Weiterführung der staatlichen Zulassung des Medizinprodukts sowie die Ergebnisse der klinischen Prüfung des Medizinprodukts vor.
- In der zweiten Phase der Prüfung der Qualität, des Nutzens und der Sicherheit eines Medizinprodukts führt die sachverständigen Stelle eine Prüfung durch, der RZN kontrolliert die Vollständigkeit und die Ergebnisse der Tests und Studien.
- Wird die staatliche Zulassung eines Medizinprodukts verweigert, erfolgt dies auf Grundlage eines Berichts der sachverständigen Stelle, aus dem hervorgeht, dass die Qualität und/oder die Sicherheit des zuzulassenden Medizinprodukts durch die gewonnenen Daten nicht nachgewiesen werden und/oder dass das Risiko einer Gesundheitsschädigung der Bürger und des medizinischen Personals durch Einsatz des Medizinprodukts den Nutzen seines Einsatzes übersteigt.
Einhaltung der Bestimmungen
Dauer: Das Zulassungsverfahren dauert zwischen 8 Monaten für Produkte der Klasse I und 16 Monaten für Produkte der Klasse III.
Die staatliche Zulassung von Medizinprodukten durch den RZN erfolgt innerhalb von 50 Werktagen nach der Entscheidung über den Beginn der staatlichen Zulassung von Medizinprodukten.
Klinische Prüfungen von Arzneimitteln fallen nicht unter die Frist von 50 Werktagen.
Innerhalb eines Werktages nach der Entscheidung über die staatliche Zulassung eines Medizinprodukts pflegt der RZN die Daten über das zugelassene Medizinprodukt in das staatliche Register für Medizinprodukte und Organisationen (Einzelunternehmer) ein, die Medizinprodukte herstellen und fertigen.
Einzureichende Dokumentation
Die folgenden Unterlagen werden für die Zulassung in der RF benötigt [2]:
- Antragsformular für die Zulassung
- Vollmacht für den Bevollmächtigten des Herstellers (im Original mit Apostille)
- ISO 9001/13485 (beglaubigte Kopie mit Apostille) CE-Zertifikat, 93/42/EWG (beglaubigte Kopie mit Apostille) Zertifikat/Konformitätserklärung (98/79/EG für IVD)
- Technische Dokumentation
- Benutzerhandbuch
- Fotos des Medizinproduktes, mindestens 18 cm x 24 cm (insgesamt und mit den für den Verwendungszweck wesentlichen Bestandteilen des Medizinproduktes)
- Ergebnisdokumentation der technischen Prüfung
- Ergebnisdokumentation der toxikologischen Prüfung (falls das Medizinprodukt mit dem menschlichen Körper in Berührung kommt)
- Ergebnisdokumentation der messtechnischen Prüfung (falls das Medizinprodukt mit Wiege- oder Messinstrumenten ausgestattet ist)
- Verzeichnis der Unterlagen
Im Einzelfall können zusätzliche Unterlagen erforderlich sein.
Bevorzugte Dokumentationsform
Anträge zur Zulassung von Medizinprodukten können sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form gestellt werden. Die Unterlagen in Papierform sind bei ROSZDRAVNADZOR unter folgender Adresse einzureichen:
Föderaler Dienst für Überwachung im Gesundheitswesen
Slavyanskaya Square 4, Bld. 1,
Moskau, 109074.
Um die Unterlagen für die staatliche Zulassung von Medizinprodukten in elektronischer Form einzureichen, müssen Antragsteller auf folgender Website registriert sein: https://esia.gosuslugi.ru
Weitere Informationen erhalten Sie hier:
Informationsdienst: (495) 698-45-38, (495) 578-02-30
E-Mail: info@roszdravnadzor.ru
Pressestelle: Telefon/Fax (495) 624-80-90
Konkrete aktuelle Anforderungen an die Antragsunterlagen für die Zulassung
Bevollmächtigter Vertreter für Russland
Gemäß Beschluss 1416 müssen Hersteller, die keine Niederlassung in Russland haben, einen Bevollmächtigten benennen. Der Bevollmächtigte ist für die Produktzulassung verantwortlich und fungiert als Schnittstelle zwischen dem Hersteller und dem ROSZDRAVNADZOR – Föderaler Dienst für Überwachung im Gesundheitswesen (RZN).
Anforderungen an die Produktprüfung
Die Zulassung von Medizinprodukten in der Russischen Föderation erfolgt auf Grundlage von Produktprüfungen, die in der RF durchgeführt werden müssen.
Auf anderen Märkten ermittelte Testergebnisse werden vom RZN in der Regel nicht akzeptiert.
Die Prüfung der Qualität, der Sicherheit und des Nutzens von Medizinprodukten ausländischer Antragsteller wird von sachverständigen Stellen in der RF durchgeführt, die vom RZN zertifiziert sind. Die Ergebnisse dieser Tests sind ein wesentlicher Bestandteil des Zulassungsantrags.
Vorbereitung und Einreichung des Zulassungsdossiers
Sobald die Ergebnisse der Produkttests feststehen, kann das Zulassungsdossier erstellt und dem RZN zur Prüfung vorgelegt werden. Die russischen Aufsichtsbehörden können den Nachweis einer Zulassung im Heimatmarkt des Antragstellers verlangen. Der RZN erkennt die CE-Kennzeichnung, die US FDA 510(k)-Zulassung oder andere Zulassungen durch ausländische Behörden nicht an. Alle Unterlagen im Zulassungsdossier müssen in russischer Sprache eingereicht werden. Der RZN kann bei der Prüfung Ihres Zulassungsdossiers zusätzliche Tests verlangen (was bei Produkten der Klassen IIb und III häufiger der Fall ist).
Konformitätserklärung
Ausländische Antragsteller müssen nach Erhalt der Zulassungsbescheinigung eine Konformitätsbescheinigung (früher GOST-R-Zertifikat) beantragen. Das Modell der Konformitätserklärung GOST-R wurde von der Föderalen Agentur für technische Regulierung und Messtechnik mit Beschluss Nr. 12 vom 17.03.1998 und nachfolgenden Änderungen, Anhang G, genehmigt und eingeführt.
Autor: Olena Motsak (Expertin für Zulassungsfragen bei DeviceMaster GmbH)
Datum: 28.06.2019
Links
[1] https://melegal.ru/legal_information/analytics/267/
[2] www.roszdravnadzor.ru/medproducts/registration/
Normenrechtliche Referenzen
[3] Die Zulassung von Medizinprodukten in Russland wird durch den Beschluss der Regierung der Russischen Föderation Nr. 1416 vom 27.12.2012 geregelt.
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